„Wahrheit in Liebe, Dating und Beziehungen: Neue Moral unter Verhandlung“
Montag, 22.05.2022 um 18:00 Uhr in der Ph?nomenta, Norderstra?e 157-163, 24939 Flensburg – Eintritt frei
Dr. Johanna Lisa Degen, Institut für Umwelt-, Sozial-, und Humanwissenschaften, Abteilung Psychologie
Einst wurden Beziehungen über Institutionen wie die Kirche, über die?Familie und sp?ter Freunde vermittelt. Heute findet Ann?herung über?Dating Apps statt, zumindest für die Mehrheit der Beziehungssuchenden. Dabei ver?ndern sich die Prinzipien der Suche, es geht um Effizienz, Verfügbarkeit und Kosten-Nutzen Abw?gung. Das ?konomische daran ist nicht neu, neu ist aber, dass ins Dating nicht mehr viel investiert wird, sondern darauf geachtet?wird, m?glichst wenig zu investieren. Beim Date gilt, nicht zu viel Zeit, Emotionen und Geld zu investieren, beim Swipen gilt m?glichst schnell in der Masse?der Alternativen positiv aufzufallen, oder zumindest nicht aussortiert zu werden.
Und dabei wird optimiert;?das Profilbild eher im guten Licht dastehend?gew?hlt oder mit Filter versehen, der Beruf etwas aufgem?belt, da wird aus dem Medizinstudenten auch schonmal ein Arzt. Die Daten zeigen, bis zu einem gewissen Grad sind derlei Optimierungen sozial akzeptiert, aber es gibt Grenzen, zum Beispiel bei der Haarl?nge der Frau.
Bis?zur Lebensmitte sind beim Dating?M?nner schlechter gestellt als Frauen (im heterosexuellen Setting), dann verkehrt sich dieses Verh?ltnis. Zu Beobachten ist das auch in den Profilen, jüngere M?nner optimieren st?rker, ab der Lebensmitte zeigt sich,?dass Frauen vermehrt Alter und Aussehen optimieren, um noch attraktiv zu wirken. Und dann stellen sich moralische Fragen:?Ist es nicht nachvollziehbar, wenn man sich als 39 J?hrige verhandelt, obwohl man?45 ist, weil man sich doch jünger fühlt und sonst alleine bleiben würde? Und was ist mit dem jungen Medizinstudent, der ja alsbald Arzt sein wird? Was bedeutet es für Beziehungen,?wenn sie mit einer (kleinen?) Flunkerei beginnen?
Aber auch bestehende Beziehungen werden beeinflusst durch die endlos scheinenden Alternativen, die im Endger?t locken. Niedrigschwellig kann man dort den eigenen?Marktwert checken oder ein Kompliment einholen,?w?hrend es daheim eher Kritik hagelt. Und es?stellen sich neue moralische?Fragen in Beziehungen: Ist es Fremdgehen, einen aktiven Account bei Tinder zu haben, oder heute Normalit?t, die es zu akzeptieren gilt? Darf man auch in monogamer Beziehung über Bumble einen Reisemacker in der Ferne finden, oder schwingt da immer?ein sexueller Unterton mit?
Alledem gehen wir beim Vortrag zur „Wahrheit in Dating, Beziehung und Liebe“ entlang von Fallbeispielen aus der Praxis und Anekdoten nach und diskutieren, wo unsere Grenzen liegen, wo sie sich ausdehnen und was vielleicht gar nicht neu daran ist.
Die Ringvorlesung „Wahrheit“
Alternative Fakten – Fake News – Lügenpresse. Begriffe wie diese werfen eine Frage auf: Was ist Wahrheit? Die Antwort scheint einfach, und zumindest im Alltag ist sie dies h?ufig auch. In amerikanischen Anwaltsserien wissen sowohl alle Beteiligten vor Gericht wie auch das Fernsehpublikum was gemeint ist, wenn die Aufforderung ergeht, im Zeugenstand „Die Wahrheit, die reine Wahrheit, und nichts als die Wahrheit“ zu sagen. Sowohl Eltern, die ihre Kinder ermahnen, die Wahrheit zu sagen, wie auch diese Kinder haben in einer derartigen (meist unangenehmen) Situation eine klare Erwartungshaltung. Es ist aber auch eine allt?gliche Wahrheit, dass die Wahrheit im Auge der Betrachterin liegt … .
Aber wie ist es eigentlich in der Wissenschaft? Hier f?ngt unser Problem an. Eine wissenschaftliche „Wahrheit“ liegt nicht im Auge der Betrachtenden, so viel ist klar. Aber wo dann? Im Lehrbuch? Bei Wikipedia? Auch dort sicher nicht, jedenfalls nicht vollst?ndig.
Je nach Wissenschaftsdisziplin werden ihnen Kolleg*innen diese Frage durchaus anders beantworten. Und auch innerhalb einer Wissenschaftsdisziplin gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen bei Forschenden. So kann wissenschaftlicher Fortschritt als ein sich Ann?hern an eine absolute, aber noch nicht vollst?ndig erkannte Wahrheit aufgefasst werden. Im Gegensatz dazu lassen sich wissenschaftliche Erkenntnisse auch als etwas vom Menschen Gemachtes auffassen, das eben „nur“ ein Geistesprodukt ist und wo dann der Wahrheitsbegriff fehl am Platz ist.
Einfach ist es in der formalen Logik; hier gibt es das Gegensatzpaar ?wahr‘ und ?falsch‘. Allerdings gibt es auch Logiken, die neben ?wahr‘ und ?falsch‘ noch weitere Werte zulassen. Diese sind also komplexer, und so ist sowohl die Welt als auch die Wissenschaft. Antworten auf komplexe Fragen sind selten absolut wahr und selten absolut falsch. Damit wird der Wahrheitsbegriff in seiner absoluten Setzung in einigen Wissenschaftsdisziplinen durchaus als problematisch wahrgenommen; aus diesem Grund referieren die Forschenden in diesen Disziplinen eher auf intersubjektive Nachvollziehbarkeit, Theoriekonsistenz oder Widerspruchsfreiheit.
Für die Ringvorlesung „Wahrheit“ haben Forschende sich bereit erkl?rt, das Konzept „Wahrheit“ aus ihrer disziplin?ren Sicht zu hinterfragen und aufzuzeigen, wie ihre Disziplin damit umzugehen versucht.
TERMINE:
Bitte beachten Sie die aktuell geltenden Eintritts- und Hygieneregeln der Ph?nomenta (siehe: https://www.phaenomenta-flensburg.de/).
Mehr Informationen zur Ringvorlesung finden Sie unter www.flensburger-ringvorlesung.de
Der Eintritt ist kostenlos. Bitte bedenkt, dass nur eine begrenzte Anzahl an Pl?tzen zur Verfügung steht.
Ph?nomenta e.V., Norderstra?e 157-163, 24939 Flensburg
Eine gemeinsame Veranstaltung von:

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